Wer vor ein paar Jahren zum ersten Mal das Carven ausprobierte, hatte ein Aha-Erlebnis. Die Carvingskier scheinen sich selbstständig zu machen und geradezu von selbst um die Kurven zu schwingen. Auch ungeübte Skifahrer kommen recht harmonisch die Piste herunter. Ein ähnliches Wunder verspricht nun das nach dieser Skiinnovation benannte Carvinggolf.

Der Erfinder des Carvinggolfs heißt Jürgen Bechler, Statiker und Golfplatz-
architekt von Beruf. Seine Hobbys: Skifahren und Golfen. Beruf und Hobby haben ihn zur Entwicklung des Carvinggolfs animiert. Ähnlich wie im Skisport basiert auch die Carvingvariante des Golfens auf einem neuen Sportgerät und einer dazu passenden Technik. So wird Carvinggolf mit einem Satz gleich langer Schläger gespielt, die dem Spieler lediglich eine gleich bleibende Schwungbewegung abverlangen. „Carvinggolf ist Golfen vereinfacht nach alten Rezepten zu mehr Freude und weniger Stress im Spiel“, sagt Jürgen Bechler. Ihm geht es darum, gerade auch Weekend- und Freizeitgolfern zu mehr Spaß an dieser Sportart zu verhelfen, indem er sie etwas einfacher gestaltet.

DIE THEORIE

Zunächst entwickelte Bechler das neue Handwerkszeug aus der Praxis heraus. Er stellte fest, dass sein Golfspiel perfekt mit dem 7er Eisen funktionierte.
Die anderen Längen machten eher Probleme. Dazu kommt, dass sich der Golfspieler auf unterschiedliche Schlägerlängen einstellen muss.
Die Bewegung muss also für jeden Schläger ein wenig anders ausgeführt werden. Nach einflussreichen Theorien der Automatisierung müssen die verschiedenen Bewegungsvarianten aufwendig einzeln gespeichert werden. Bleibt die Bewegung hingegen immer gleich, kann sie einfacher automatisiert werden, d.h., die Sportart ist leichter erlernbar. „Der Spieler muss sich nicht wie bisher zu einer Vielzahl von Schwungebenen und Schwungrhythmen bewegen lernen, sondern nur noch zu einer einzigen“, so erklärt Bechler diese Erleichterung.

Bechler beschäftigte sich auch mit der Physik des Schwungs.
Genauer: mit der Pendelbewegung, die das Golfspiel bestimmt.
Nach Bechlers Überlegungen funktioniert dieses Pendel am besten, wenn der Ball vertikal – und nicht horizontal – dynamisiert wird. Mit diesen Voraussetz-
ungen, den gleich langen Schlägern und dem vertikalen Impuls, kann der Golfer bei konstanter Ansprechroutine einen gleichmäßigen Schwungrhyth-
mus, eine einheitliche Schwungdynamik und eine kontrollierte Dynamisierung des Schwungablaufs entwickeln.

Im Einzelnen bedeutet dies, dass der klassische biomechanische Ablauf (1) des gesamten Abschwungs eine Aneinanderreihung von Aktivitäten ist: nämlich die Translation des Körperschwerpunktes, die Rotation von Hüfte und Schulter und das Wirken von Hebeln (1 u. 2).

Betrachten wir nur die bedeutenden Muskelgruppen, die dabei zum Einsatz kommen, so sind es von unten nach oben vom Sprunggelenk des rechten Beins bis zum Hüftgelenk 4 Gruppen, für die Drehung des Rumpfes von der Hüfte bis einschließlich Schulter im Einsatz sind 8 Gruppen und weitere 2 Gruppen im Handgelenkbereich, die beim Auflösen der Hebel mitwirken – insgesamt 14 verschiedene Muskelgruppen, die in einer Abschwungzeit bis zum Treffmoment innerhalb von 0,2 bis 0,25 Sekunden zu koordinieren sind.

Der biomechanische Schwungablauf der Carvinggolf-Technik ist dagegen nur bestimmt von der Pendeldynamik und außerdem einem kleinen vertikalen SchulterImpulses (a vertically driven pendulum) (2), der das Pendel auslöst

Abb. 1: Klassischer biomechanischer Schwungablauf; aktive Muskelgruppen - zum Auslösen Hebel 1 (links) und aktive Muskelgruppen 2 zum Auslösen Hebel 2 (rechts).

und die Schwingung beschleunigt, d.h., hier liegen keine aktive Translation, keine aktive Rotation von Hüfte und Schulter und kein aktives Hebeln 1 und 2 vor.

Das Droppen der Schulter vom Kinn hingegen bewirkt Start und Beschleunig-
ung der Pendelbewegung und automatisches Auslösen der Hebel 1 und 2.

So verlagert die Carvinggolf-Technik den Koordinationsaufwand innerhalb der Muskelgruppen beim Abschwung vom Bewussten ins Unbewusste. Die Pendel-
bewegung – einmal korrekt gestartet – übernimmt den Schwungablauf, der Hebel 2 wird dabei automatisch optimal ausgelöst, der Spieler macht weniger Fehler und das Ergebnis – nach den bisher gemachten Erfahrungen:
ein schnellerer Schlägerkopf.


CARVINGGOLF PRAKTISCH ERFAHREN

Die Golfvariante ist noch ziemlich neu. In den vergangenen zwei Jahren hat Bechler seine Überlegungen umgesetzt, sprich Schläger getestet, zur Marktreife gebracht und das Patent auf Carvinggolf für die EU und die USA gesichert. Nun baut er gerade ein Netzwerk auf. Vermarktet wird das Produkt über die Carving Golf International AG in Lichtenstein. Wie weit seine Partner-
suche gediehen ist, kann man im Internet unter www.carvinggolf.com mitverfolgen. Derzeit kann man Carvinggolf beispielsweise in einer österreichischen Golfschule erlernen. Und die Carvinggolf SpaAkademie „ayuropa GolfSpa“ in Bad Griesbach bietet die Kombination Golf und Wellness an. Mit dem Bereich Sportwissenschaft der Technischen Universität München besteht eine wissenschaftliche Zusammenarbeit. Diese sieht gerade in der Prävention und Reha Perspektiven für Carvinggolf. In diese Richtung, ein-schließlich Fitness und Spa, soll es demnächst auch weitergehen.

Korrespondenzadresse:
Jürgen Bechler
Dachauer Straße 140 e
80637 München
Tel. 089 156015
www.carvinggolf.com

Abb. 2: Biomechanischer Schwungablauf Carvinggolf; aktive Muskelgruppen beim Droppen der Schulter (Schulterimpuls) (links); passives Auslösen der Trägheitsmomenten-Spannung und unbewußtes Auslösen der Hebel (rechts).


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