Golf ist eine Sportart, die relativ schwer zu erlernen
ist. Liegt es daran dass viele Menschen erst damit beginnen diese
Sportart zu lernen, wenn sie schon längst aus dem „goldenen
Lernalter“ heraus sind?
Oder liegt es möglicherweise
daran, dass es ein sehr komplexes, koordinativ hoch anspruchsvolles
Spiel ist?
Es ist wohl eine Kombination von beiden Thesen. Man muss bedenken,
„dass während des späten Kindesalter [Anm. des
Autors: 10. – 12. Lebensjahr (LJ) bei Mädchen und 10.
– 13. LJ bei Jungen] zunächst möglichst breite
und vielseitige Leistungsgrundlagen zu legen sind (…) und
das beste motorische Lernalter der Kindheit sowohl im Sportunterricht
als auch im Training besonders für eine solide koordinativ-sporttechnische
Ausbildung (…) genutzt wird“ (Schnabel 2007, S. 307).
Das bedeutet nicht, dass man nicht später auch noch ein hervorragender
Golfer werden kann und beispielsweise ein Singlehandicap erreicht,
aber man legt sich so Grundlagen um später im Alter mit neuen
motorischen Aufgaben leichter umzugehen (vgl. Philippi-Eisenburger
1990).
Es gibt viele Dinge, die beachtet werden müssen; so ist zum
Beispiel die Fülle der Teilbewegungen schwer zu koordinieren.
Weiter gibt es konditionelle Anforderungen die an den Golfer gestellt
werden. Betrachtet man das Modell der koordinativen Anforderungskategorien
(vgl. Neumaier 2006, Abb.1), stellt man fest, dass Golfspielen
mehr ist, als nur den Ball von A nach B zu schlagen.
Abbildung 1: Koordinationsmodell
nach Neumaier. Das Modell ist unter der Nutzung von Reglern aufgebaut.
Je nach Anforderung kann man die Regel bezüglich ihres Schwierigkeitsgrades
verstellen. Im Golf liegt es z.B. nahe, den optischen Informationsregler
höher zu regeln als den akustischen. Ebenso kann man losgelöst
von den Informationsanforderungen und den Druckbedingungen, aufgrund
ihrer Bedeutsamkeit innerhalb der Bewegungskoordination, die Gleichwewichtsanforderung,
die im Golf aber keine so große Rolle spielt, extra regeln
(vgl. Neumaier 2002, S.11).
Es erfordert die Verarbeitung der Informationsanforderungen
von optischen, akustischen, taktilen, kinästhetischen und
vestibulären Reizen. Hinzu kommen noch verschiedene Druckbedingungen.
Allgemein stellt man fest, dass sich Golf(er) -anfänger aufgrund
ihres fortgeschrittenen Alters teilweise schwer tun diese komplexe
Bewegung zu erlernen. Statistisch gesehen nimmt im Alter die Lernfähigkeit
in Bezug auf neue Bewegungsmuster ab und in der Durchführung
koordiantiv-anspruchsvoller Aufgaben sind Leistungseinbußen
zu erwarten (vgl. Philippi-Eisenburger 1990). Ein Grund hierfür
liegt in den neuronalen Verknüpfungen. Das menschliche Gehirn
verfügt ca. über 1011 Nervenzellen (vgl. Silbernagel
2003). Wie oben beschrieben ist es gut in jungen Jahren viele
Verknüpfungen herzustellen, denn nur häufig genutzte
Nervenzellen bleiben stabil und können variable abgerufen
werden. Oft hört man den Ausspruch, dass man Fahrradfahren
nie verlerne; bloß woran liegt das? Der Grund hierfür
ist, dass man die Bewegung im Laufe des Erwachsenwerdens millionenfach
wiederholt hat. Die Verknüpfungen sind dadurch so stark gefestigt,
dass man jederzeit darauf zurückgreifen kann. Dem Golfspieler
ist es nicht möglich den Golfschläger ähnlich oft
zu schwingen wie eine Kurbelumdrehung mit dem Fahrrad zu vollziehen.
Das tägliche Training professioneller Golfspieler dient dazu
ihren Schwung zu perfektionieren, damit sie darüber variabel
verfügen können. Das wäre das Ziel eines jeden
Golfers – immer und immer wieder den jeweiligen Schläger
gleich zu schwingen.
Der „normale“ Golfspieler hat mittlerweile zwei Hölzer,
sechs Eisen, ca. drei Wedges und einen Putter in seinem Bag. Ohne
den Putter und die Wedges bleiben acht unterschiedlich lange Schläger
im Bag. Das bedeutet der Golfer muss acht unterschiedliche Standpositionen,
acht unterschiedliche Ballpositionen und acht unterschiedliche
Schwungbahnen beherrschen. Die Carvinggolftechnik wurde entwickelt
um diesem Problem entgegenzuwirken und die damit verbundenen Fehlerquellen
zu minimieren. Gleichzeitig wird den Erkenntnissen zum motorischen
Lernen Rechnung getragen.
Carvinggolf ist eine neue Art der Schwungtechnik im Golf. Es basiert
auf einer Pendeltechnik und verzichtet weitestgehend darauf aktive
Rotationen anzuwenden. Der klassische Golfschwung ist derart komplex,
dass Carvinggolf versucht koordinativ anspruchsvolle Teilbewegungen
zu vermeiden.
Es wird versucht in wenigen, dennoch wichtigen Schritten einen
Golfschwung zu vermitteln, der von jedermann durchgeführt
werden kann. Dazu wird der Golfschwung auf fünf essentielle
Schritte reduziert um die Erlernbarkeit zu erleichtern.
Ein weiterer Aspekt, der das Lernen erleichternd unterstützt,
ist die Tatsache das Carvinggolf eigens entwickelte Schläger
anbietet. Diese haben den Vorteil gegenüber klassischen Schlägersätzen,
dass sie alle gleichlang sind. Austariert im Gewicht haben alle
Schläger dieselbe Schwungeigenschaft. Der Lie ist ebenfalls
bei allen Schlägern derselbe. Die Schläger haben ebenso
wie klassische Schläger einen unterschiedlichen Loft, welche
die Flugeigenschaft des Balles beeinflusst. Durch die Eigenschaften
der Schläger in Verbindung mit der Technik ermöglicht
Carvinggolf leichteres Lernen.
Um die Erlernbarkeit der unterschiedlichen Golftechniken nachweisen
zu können, wurde eine Studie im Blindversuch mit Golfanfängern
durchgeführt. An dieser Studie nahmen eine tennisaktive Gruppe
von 8 Damen und 4 Herren im Alter zwischen 52 und 64 Jahren teil.
Der zeitliche Umfang belief sich auf zwei Tage mit je zwei Unterrichtseinheiten
zu je 120 Minuten. Es wurden zwei Gruppen gebildet, wobei die
eine Gruppe mit Carvinggolftechnik und Carvinggolfschlägern
und die andere mit der klassischen Lehrmethode der PGA und klassischen
Golfschlägern unterrichtet wurde. Um den Versuchsleitereffekt
kontrollieren zu können, wechselten am zweiten Tag die Golfpros
die Gruppen. Im Anschluss an das Training fand der Test statt.
Der Test bestand darin in einem vorgefertigten Korridor zu treffen
(Abb.2).
Abbildung 2: Die Trefferzone
für das Eisen9 belief sich auf 60 Meter, wobei die Probanden
mindestens 40 Meter weit schlagen mussten um einen gültigen
Treffer zu erlangen. Die Breite der Trefferzone betrug 40 Meter.
Die Anforderungen für einen Treffer mit dem Eisen7 waren
mindestens 60 Meter zu schlagen, wobei die Trefferfläche
ab 60 Meter, in die Breite ging, um die auftretenden Streuungen
der Anfängern annähernd zu kompensieren (bei 90 Meter
betrug die Breite 60 Meter). Die Querschraffierung stellt den
Trefferbereich des Eisen9 dar und die Längsschraffierung
die des Eisen7.
Es wurden je 15 Bälle mit einem Eisen9 und Eisen7 gespielt,
wobei die Gruppe „Carvinggolf“ mit Carvinggolfschläger
und die Gruppe „klassisches Golf“ mit klassischen
Golfschlägern spielte.
Es stellt sich heraus, dass die Gruppe „Carvinggolf“
eine größere Trefferquote erzielte. Mit dem Eisen9
hat die Gruppe „Carvinggolf“ eine Trefferquote von
86% erreicht., die „klassische“ Golfgruppe mit dem
gleichen Eisen eine Quote von 42%. Das Eisen7 brachte den Carvinggolfern
eine Trefferquote von 77%, wohingegen die Gruppe „klassisches
Golf“ mit ihren Eisen7 43% erreichte.
Abbildung 3: Trefferquote in
%. Aus dieser Abbildung geht hervor, dass man mit Carvinggolfschläger
schneller zum Erfolg kommt.
Carvinggolf ist eine sehr gute Möglichkeit um schneller spielfähig
zu werden und eine gute Alternative zur herkömmlichen Lehrmethode.
Es bietet dem Golfneuling die Möglichkeit schnell in das
Spiel zu kommen und die Freude daran zu entwickeln. Mit vermeidlich
einfachen Bewegungen wird man schnell spielfähig. Zudem wird
weitestgehend auf aktive Rotationen verzichtet. Die Vorteile liegen
in den nicht mehr variierenden Positionen des Balles und den unterschiedlichen
Schwungbahnen mit dem sich der Golfschüler mit unterschiedlich
langem Material auseinandersetzen muss. Durch die gleichlangen
Schläger bietet Carvinggolf die Möglichkeit mit nur
einer Ballposition, denn der Ball wird aus der Mitte geschlagen,
mit nur einer Schwungbahn alle Schläger im Bag spielen zu
können.
Die hier durchgeführte Untersuchung
belegt, dass Anfänger im Golfsport durch die Carvinggolftechnik
schneller spielfähig werden.
Florian Kreuzpointner, Dr. Ferdinand Tusker – FG Biomechanik
im Sport, Fakultät für Sportwissschaft, Technische Universität
München
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Neumaier,
A. (2006). Koordinatives Anforderungsprofil und Koordinationstraining.
Koeln: Sportverl. Strauß. |
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Neumaier, A., Mechling,
H., Strauß, R. (2002). Koordinative Anforderungsprofile
ausgewählter Sportarten. Köln: Verlag Sport&Buch
Strauß. |
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Philippi-Eisenburger, M. (1990). Bewegungsarbeit
mit älteren und alten Menschen. Schorndorf: Hofmann
Verlag. Schnabel, G., Krug, J., Panzer, S. (2007). Motorisches
Lernen. In K. Meinel, |
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Schnabel, G., Bewegungslehre - Sportmotorik,
S. Aachen: Meyer & Meyer Verlag. |
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Silbernagel, S., Despopoulos, A. (2003).
Taschenatlas der Physiologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag.
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Kontakt des Autors:
Dipl. Sportwiss. Florian Kreuzpointner
FG Biomechanik für Biomechanik im Sport,
Fakultät für Sportwissenschaft, TUM
Connollystr. 32
80809 München
089 / 289 24585
florian.kreuzpointner@sp.tum.de
München, 02/2009
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