Florian Kreuzpointner, Dr. Ferdinand Tusker
FG Biomechanik im Sport, Fakultät für Sportwissschaft
Technische Universität München



Golf ist eine Sportart, die relativ schwer zu erlernen ist. Liegt es daran dass viele Menschen erst damit beginnen diese Sportart zu lernen, wenn sie schon längst aus dem „goldenen Lernalter“ heraus sind?
Oder liegt es möglicherweise daran, dass es ein sehr komplexes, koordinativ hoch anspruchsvolles Spiel ist?

Es ist wohl eine Kombination von beiden Thesen. Man muss bedenken, „dass während des späten Kindesalter [Anm. des Autors: 10. – 12. Lebensjahr (LJ) bei Mädchen und 10. – 13. LJ bei Jungen] zunächst möglichst breite und vielseitige Leistungsgrundlagen zu legen sind (…) und das beste motorische Lernalter der Kindheit sowohl im Sportunterricht als auch im Training besonders für eine solide koordinativ-sporttechnische Ausbildung (…) genutzt wird“ (Schnabel 2007, S. 307). Das bedeutet nicht, dass man nicht später auch noch ein hervorragender Golfer werden kann und beispielsweise ein Singlehandicap erreicht, aber man legt sich so Grundlagen um später im Alter mit neuen motorischen Aufgaben leichter umzugehen (vgl. Philippi-Eisenburger 1990).

Es gibt viele Dinge, die beachtet werden müssen; so ist zum Beispiel die Fülle der Teilbewegungen schwer zu koordinieren. Weiter gibt es konditionelle Anforderungen die an den Golfer gestellt werden. Betrachtet man das Modell der koordinativen Anforderungskategorien (vgl. Neumaier 2006, Abb.1), stellt man fest, dass Golfspielen mehr ist, als nur den Ball von A nach B zu schlagen.



Abbildung 1: Koordinationsmodell nach Neumaier. Das Modell ist unter der Nutzung von Reglern aufgebaut. Je nach Anforderung kann man die Regel bezüglich ihres Schwierigkeitsgrades verstellen. Im Golf liegt es z.B. nahe, den optischen Informationsregler höher zu regeln als den akustischen. Ebenso kann man losgelöst von den Informationsanforderungen und den Druckbedingungen, aufgrund ihrer Bedeutsamkeit innerhalb der Bewegungskoordination, die Gleichwewichtsanforderung, die im Golf aber keine so große Rolle spielt, extra regeln (vgl. Neumaier 2002, S.11).

Es erfordert die Verarbeitung der Informationsanforderungen von optischen, akustischen, taktilen, kinästhetischen und vestibulären Reizen. Hinzu kommen noch verschiedene Druckbedingungen. Allgemein stellt man fest, dass sich Golf(er) -anfänger aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters teilweise schwer tun diese komplexe Bewegung zu erlernen. Statistisch gesehen nimmt im Alter die Lernfähigkeit in Bezug auf neue Bewegungsmuster ab und in der Durchführung koordiantiv-anspruchsvoller Aufgaben sind Leistungseinbußen zu erwarten (vgl. Philippi-Eisenburger 1990). Ein Grund hierfür liegt in den neuronalen Verknüpfungen. Das menschliche Gehirn verfügt ca. über 1011 Nervenzellen (vgl. Silbernagel 2003). Wie oben beschrieben ist es gut in jungen Jahren viele Verknüpfungen herzustellen, denn nur häufig genutzte Nervenzellen bleiben stabil und können variable abgerufen werden. Oft hört man den Ausspruch, dass man Fahrradfahren nie verlerne; bloß woran liegt das? Der Grund hierfür ist, dass man die Bewegung im Laufe des Erwachsenwerdens millionenfach wiederholt hat. Die Verknüpfungen sind dadurch so stark gefestigt, dass man jederzeit darauf zurückgreifen kann. Dem Golfspieler ist es nicht möglich den Golfschläger ähnlich oft zu schwingen wie eine Kurbelumdrehung mit dem Fahrrad zu vollziehen. Das tägliche Training professioneller Golfspieler dient dazu ihren Schwung zu perfektionieren, damit sie darüber variabel verfügen können. Das wäre das Ziel eines jeden Golfers – immer und immer wieder den jeweiligen Schläger gleich zu schwingen.

Der „normale“ Golfspieler hat mittlerweile zwei Hölzer, sechs Eisen, ca. drei Wedges und einen Putter in seinem Bag. Ohne den Putter und die Wedges bleiben acht unterschiedlich lange Schläger im Bag. Das bedeutet der Golfer muss acht unterschiedliche Standpositionen, acht unterschiedliche Ballpositionen und acht unterschiedliche Schwungbahnen beherrschen. Die Carvinggolftechnik wurde entwickelt um diesem Problem entgegenzuwirken und die damit verbundenen Fehlerquellen zu minimieren. Gleichzeitig wird den Erkenntnissen zum motorischen Lernen Rechnung getragen.

Carvinggolf ist eine neue Art der Schwungtechnik im Golf. Es basiert auf einer Pendeltechnik und verzichtet weitestgehend darauf aktive Rotationen anzuwenden. Der klassische Golfschwung ist derart komplex, dass Carvinggolf versucht koordinativ anspruchsvolle Teilbewegungen zu vermeiden.

Es wird versucht in wenigen, dennoch wichtigen Schritten einen Golfschwung zu vermitteln, der von jedermann durchgeführt werden kann. Dazu wird der Golfschwung auf fünf essentielle Schritte reduziert um die Erlernbarkeit zu erleichtern.

Ein weiterer Aspekt, der das Lernen erleichternd unterstützt, ist die Tatsache das Carvinggolf eigens entwickelte Schläger anbietet. Diese haben den Vorteil gegenüber klassischen Schlägersätzen, dass sie alle gleichlang sind. Austariert im Gewicht haben alle Schläger dieselbe Schwungeigenschaft. Der Lie ist ebenfalls bei allen Schlägern derselbe. Die Schläger haben ebenso wie klassische Schläger einen unterschiedlichen Loft, welche die Flugeigenschaft des Balles beeinflusst. Durch die Eigenschaften der Schläger in Verbindung mit der Technik ermöglicht Carvinggolf leichteres Lernen.

Um die Erlernbarkeit der unterschiedlichen Golftechniken nachweisen zu können, wurde eine Studie im Blindversuch mit Golfanfängern durchgeführt. An dieser Studie nahmen eine tennisaktive Gruppe von 8 Damen und 4 Herren im Alter zwischen 52 und 64 Jahren teil. Der zeitliche Umfang belief sich auf zwei Tage mit je zwei Unterrichtseinheiten zu je 120 Minuten. Es wurden zwei Gruppen gebildet, wobei die eine Gruppe mit Carvinggolftechnik und Carvinggolfschlägern und die andere mit der klassischen Lehrmethode der PGA und klassischen Golfschlägern unterrichtet wurde. Um den Versuchsleitereffekt kontrollieren zu können, wechselten am zweiten Tag die Golfpros die Gruppen. Im Anschluss an das Training fand der Test statt.

Der Test bestand darin in einem vorgefertigten Korridor zu treffen (Abb.2).


Abbildung 2: Die Trefferzone für das Eisen9 belief sich auf 60 Meter, wobei die Probanden mindestens 40 Meter weit schlagen mussten um einen gültigen Treffer zu erlangen. Die Breite der Trefferzone betrug 40 Meter.
Die Anforderungen für einen Treffer mit dem Eisen7 waren mindestens 60 Meter zu schlagen, wobei die Trefferfläche ab 60 Meter, in die Breite ging, um die auftretenden Streuungen der Anfängern annähernd zu kompensieren (bei 90 Meter betrug die Breite 60 Meter). Die Querschraffierung stellt den Trefferbereich des Eisen9 dar und die Längsschraffierung die des Eisen7.

Es wurden je 15 Bälle mit einem Eisen9 und Eisen7 gespielt, wobei die Gruppe „Carvinggolf“ mit Carvinggolfschläger und die Gruppe „klassisches Golf“ mit klassischen Golfschlägern spielte.

Es stellt sich heraus, dass die Gruppe „Carvinggolf“ eine größere Trefferquote erzielte. Mit dem Eisen9 hat die Gruppe „Carvinggolf“ eine Trefferquote von 86% erreicht., die „klassische“ Golfgruppe mit dem gleichen Eisen eine Quote von 42%. Das Eisen7 brachte den Carvinggolfern eine Trefferquote von 77%, wohingegen die Gruppe „klassisches Golf“ mit ihren Eisen7 43% erreichte.


Abbildung 3: Trefferquote in %. Aus dieser Abbildung geht hervor, dass man mit Carvinggolfschläger schneller zum Erfolg kommt.

Carvinggolf ist eine sehr gute Möglichkeit um schneller spielfähig zu werden und eine gute Alternative zur herkömmlichen Lehrmethode. Es bietet dem Golfneuling die Möglichkeit schnell in das Spiel zu kommen und die Freude daran zu entwickeln. Mit vermeidlich einfachen Bewegungen wird man schnell spielfähig. Zudem wird weitestgehend auf aktive Rotationen verzichtet. Die Vorteile liegen in den nicht mehr variierenden Positionen des Balles und den unterschiedlichen Schwungbahnen mit dem sich der Golfschüler mit unterschiedlich langem Material auseinandersetzen muss. Durch die gleichlangen Schläger bietet Carvinggolf die Möglichkeit mit nur einer Ballposition, denn der Ball wird aus der Mitte geschlagen, mit nur einer Schwungbahn alle Schläger im Bag spielen zu können.

Die hier durchgeführte Untersuchung belegt, dass Anfänger im Golfsport durch die Carvinggolftechnik schneller spielfähig werden.



Florian Kreuzpointner, Dr. Ferdinand Tusker – FG Biomechanik im Sport, Fakultät für Sportwissschaft, Technische Universität München

Neumaier, A. (2006). Koordinatives Anforderungsprofil und Koordinationstraining. Koeln: Sportverl. Strauß.
Neumaier, A., Mechling, H., Strauß, R. (2002).
Koordinative Anforderungsprofile ausgewählter Sportarten. Köln: Verlag Sport&Buch Strauß.
Philippi-Eisenburger, M. (1990). Bewegungsarbeit mit älteren und alten Menschen. Schorndorf: Hofmann Verlag. Schnabel, G., Krug, J., Panzer,
S. (2007). Motorisches Lernen. In K. Meinel,
Schnabel, G., Bewegungslehre - Sportmotorik, S. Aachen: Meyer & Meyer Verlag.
Silbernagel, S., Despopoulos, A. (2003). Taschenatlas der Physiologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag.




Kontakt des Autors:
Dipl. Sportwiss. Florian Kreuzpointner
FG Biomechanik für Biomechanik im Sport,
Fakultät für Sportwissenschaft, TUM

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florian.kreuzpointner@sp.tum.de


München, 02/2009






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